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Magazin 3/2019 | Kommunikation - Der Ton macht die Musik. 11
Er kann diese Erfolge nur nicht nach außen wollen aber dann das Gegenüber belehren, Zeiten globalen Handels leider niemand
tragen. Insofern bekommen viele Land- wie beispielsweise die Tierhaltung aus ih- mehr ab.
wirte gar nicht mit, wie gut dieser Verband rer Sicht funktioniert. Sie meinen, der ge-
eigentlich funktioniert und für die Interes- sellschaftlichen Kritik liege vor allem ein In letzter Zeit hat man den Ein-
sen der Branche eintritt. Informationsdefizit zugrunde, und Informa- druck, Öffentlichkeitsarbeit
Umweltverbände können Lobbyarbeit und tion führe zu einer Rückgewinnung von funktioniere nur noch über die
Öffentlichkeitsarbeit viel leichter verknüp- Vertrauen.
fen, weil sie eine breitere Aber das stimmt nicht! Die Forschung be- Sozialen Medien.
Vertrauensbasis haben. legt, dass gerade gut informierte Bürger Soziale Netzwerke haben einen großen
der Landwirtschaft oft sehr kritisch gegenü- Nachteil: Jeder Nutzer hat seinen individu-
berstehen. So ist die Branche stolz auf ellen Algorithmus. Das bedeutet, dass ein
Züchtungsfortschritte und effiziente Hal- Rezipient zunächst nur die Bilder und Sto-
Bild: landpixel tungsbedingungen. Die öffentliche Wahr- zeigt bekommt, die er selbst besonders
rys von Personen oder Institutionen ange-
nehmung sieht hingegen Überzüchtung,
interessant findet. Demzufolge werden
unnatürliche Umgebung und unzureichend
Platz. viele gut gemeinte Beiträge zum Thema
Landwirtschaft fast ausschließlich Landwir-
ten und Landwirtschaftsfans angezeigt. Die
Was können Landwirte besser Branche kommuniziert auf diese Weise in
machen? einer Art Echokammer. Verstehen Sie mich
Versetzen Sie sich gedanklich in die Per- bitte nicht falsch: Ich finde es gut, dass sich
spektive des anderen. Wer Interesse und immer mehr Landwirte ein Herz nehmen
darüber hinaus auch Handlungsbereit- und twittern oder bloggen. Aber sie errei-
schaft signalisiert, wird vom Gegenüber chen damit nicht die skeptischen und kri-
viel positiver wahrgenommen. Es reicht tischen Teile der Bevölkerung.
schon zu verstehen, dass man am Feiertag
keine Gülle fährt, auch wenn die Bedin-
gungen opti-
mal sind.
Und vermei- Bild: pexels.com Was wäre denn
den Sie unbe- Ihr Ideal von
dingt die zwei landwirtschaft-
großen B: Bla- licher Kommuni-
Es ist geradezu eine Strategie von NABU, ming und kation?
BUND & Co., über »Public Campaigning« Bolstering. Die Spieltheorie be-
Druck auf besagte Entscheider auszuüben Beim Blaming sagt: Wer in der Defen-
und dadurch den politischen Prozess zu unterstellt sive ist, muss riskante
begleiten. man NGOs, Vorleistungen brin-
Journalisten gen. Signalisieren wir
DBV-Vizepräsident Werner bzw. "den Me- also Verantwortungs-
Schwarz hat einmal gesagt, dien" oder übernahme und Ver-
dass Kommunikation vor allem auch "dem änderungsbereitscha
Verbraucher", ft! Weshalb greifen wir
Unternehmerkompetenz sei.
Damit hat er vollkommen recht! Landwirte schuld an der Kritikpunkte nicht of-
punkten mit Authentizität. Interessanter- Misere un- fensiver auf und ver-
weise ist ja das Ansehen "der Agrarwirt- serer Branche mitteln klare Signale
schaft" eher mau, das des einzelnen zu sein. Das Bolstering schließt sich oftmals einer Neuausrichtung? Die Automobilin-
Landwirts hingegen sehr gut. Hier muss un- an. Da wird zum Beispiel behauptet, die dustrie ist hier ein interessantes Beispiel:
sere Kommunikation ansetzen. Aber abge- deutsche Bevölkerung werde ohne ihre Sie versucht nicht, die Skandale der letzten
sehen davon, dass Öffentlichkeitsarbeit Landwirte nicht satt. Wem nützt eine solche Jahre schönzureden. Nein, sie spricht in der
kaum ein Thema in Berufs- und Hochschu- Argumentation? Das Beschuldigen anderer Öffentlichkeit ausschließlich über die Zu-
len ist, lässt sie sich nicht einfach so erler- vertieft nur die Gräben und fördert die Wa- kunft.
nen. Ihre drei zentralen Begriffe sind Best genburg-Mentalität. Es mag theoretisch
Practice, Sensibilität und Empathie. Daran vielleicht stimmen, dass die Bürger Hunger Das sollte unsere Branche auch tun. Agrar-
mangelt es einigen Landwirten leider nach leider müssten, wenn sämtliche Bauern ih- kommunikation darf keine Einbahnstraße,
wie vor. Sie suchen angeblich den Dialog, re Arbeit einstellen. Dies nimmt uns in sondern muss ein bilateraler Austausch