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Magazin 3/2019 | Kommunikation - Der Ton macht die Musik. 7
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Wege zu einem echten Dialog
von Hans-Heinrich Berghorn
Die gesellschaftlichen Debatten über moderne Landwirtschaft produzieren mehr Frust als Lösungen. Es fehlt der echte Dialog,
der auf Fortschritt in der Sache zielt. Eine Kommunikation, die Gefühle achtet, Haltungen klärt und das Thema Nachhaltigkeit
verständlich und pragmatisch angeht, könnte dies ändern.
Bauern wissen: Landwirtschaft ist Wirtschaft Effizienzgesichtspunkten ausgerichteten Wertewandel in der Gesellschaft. Immer
und hat sich immer wieder angepasst an Landwirtschaft reagieren? Als eigen- mehr Menschen räumen dem nachhaltigen
wechselnde soziale, ökonomische oder ständiger Bereich wie auch als Teil der Umgang mit Tieren und Böden einen hohen
rechtliche Rahmenbedingungen. Für die Wertschöpfungskette hat der Sektor ein Stellenwert ein. Das Verhältnis zwischen
heimischen Bauernfamilien ging es bisher ernstes Imageproblem. Die Landwirtschaft Mensch und (Nutz-)Tier wird von Teilen der
vor allem darum, sich dem technischen läuft Gefahr, ihre Akzeptanz in meinungs- Gesellschaft neu definiert, die Literatur zum
Fortschritt und der Liberalisierung der bildenden Teilen der Gesellschaft zu Thema wächst beständig und ein Ende
Märkte zu stellen. Bis heute bestehen die verlieren. Es wird immer offenkundiger neu dieser Entwicklung ist nicht abzusehen.
unternehmerischen Antworten in erster verhandelt, was in der Landwirtschaft Inhaltlich geht es dabei um einen Strauß
Linie darin, Kosten zu senken, sich zu künftig noch als legitim betrachtet werden anspruchsvoller Themen, er reicht vom
spezialisieren, neue wirtschaftliche sollte. Tierwohl über den Pflanzenschutz bis hin
Standbeine aufzubauen, zu wachsen oder Während dieser Befund weitgehend zu Welternährung und Klimawandel. Dabei
auch zu weichen, wenn sich außerhalb der unstrittig ist, gehen die Ansichten darüber, erschöpft sich der häufig beschworene
Landwirtschaft Optionen bieten. Die mit wie darauf zu reagieren sei, bei den konstruktive Dialog leider oft in pauschalen
dem Anpassungsdruck verbundenen Pro- betroffenen Bauernfamilien wie auch bei Vorhaltungen - wahlweise gerichtet an die
bleme sind auf den Höfen bekannt. Sie ihren Interessenvertretungen weit aus- Adresse der Bauern, der Medien, der
werden oft kritisiert, letztlich aber von den einander. Dies ist kaum verwunderlich, denn Tierschützer, etc. Inhaltliche Argumente des
meisten Menschen in der Landwirtschaft als die Situation ist komplex. War die Frage, wie Gegenübers werden ignoriert oder
unvermeidlich akzeptiert. sich Landwirtschaft entwickeln sollte, in den vorschnell bewertet. Man spürt Wut, Angst,
letzten Jahrzehnten fast ausschließlich eine Misstrauen und Ungeduld auf allen Seiten -
Domäne von Agrarökonomen, so suchen keine gute Basis für einen echten Dialog.
Kommunikation als neuer
seit geraumer Zeit immer stärker auch Der Ton macht die Musik: Gefühle ernst
Produktionsfaktor Soziologen, Medien- und Kommunikations- nehmen
Zu den lange bekannten Heraus- wissenschaftler, Philosophen und Theo- Ein erster wichtiger Schritt hin zu einem
forderungen ist seit einigen Jahren eine logen nach Antworten für die Landwirt- zielführenden Dialog wäre es, wenn die
neue und für viele Bauernfamilien sehr schaft. Beteiligten, Bauern wie auch deren Kritiker,
belastende Frage hinzugekommen: Wie Auslöser für die vielen Debatten über die allseits vorhandenen Gefühle ernst
können wir auf die vielstimmige Kritik an Landwirtschaft ist u.a. ein grundlegender nehmen und sie nicht vorschnell bewerten.
der modernen und aus guten Gründen an